Für Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) wie Morbus Crohn oder Colitis Ulcerosa ist die Entwicklung rund um die Coronaviren besonders schwierig, weil sie oftmals mit immunsuppressiven Medikamenten behandelt werden. In einem Video-Interview hat die CED-Initiative Darm Plus den Experten Prof. Dr. Christoph Steininger, Virologe am AKH Wien, zum Interview gebeten.
Dabei hat der Verein Darm Plus als CED-Dachverband von Betroffenen, ÄrztInnen und Schwestern/Pflegern Fragen von Betroffenen entgegengenommen, um diese an Prof. Dr. Steininger zu richten. Das Interview wurde am 13.3.2020 im AKH Wien geführt und ist auf der Webseite des Vereins Darm Plus in voller Länge abzurufen: zum Video
Generell gelten die allgemein gültigen Empfehlungen des Bundesministeriums für Gesundheit auch für CED-Patienten. Nachfolgend ein paar wichtige Fragen und Antworten aus dem Interview:
Sollten Patienten mit einer CED und immunsuppressiver Therapie ihre Medikamente sicherheitshalber absetzen oder reduzieren?
Steininger: Patienten sollten grundsätzlich ihre Therapie nicht selbständig verändern. Die immunsuppressive Therapie ist wichtig gegen die Grunderkrankung. Das Risiko, dass die Grunderkrankung sich verschlechtert oder ausbricht, ist wesentlich höher als sich mit einem Coronavirus schwer zu infizieren. Daher niemals selbständig die Therapie ändern und immer Rücksprache mit dem behandelnden Arzt halten.
Sollten sich Patienten mit einer CED jetzt gegen Grippe oder andere Erkrankungen impfen lassen?
Steininger: Gerade Menschen mit Immunsuppression sollten sich gegen andere Infektionskrankheiten schützen – Impfungen sind da eine gute Möglichkeit. Die Grippewelle ist am Abklingen, da macht das heuer keinen Sinn, aber dafür im nächsten Jahr! Auch weitere Impfungen sollten CED-Patienten mit dem Arzt besprechen, um Impflücken zu schließen.
Soll man weiterhin Kontrolltermine in der CED-Ambulanz wahrnehmen? Ist man nicht im Krankenhaus einem höheren Ansteckungsrisiko ausgesetzt?
Steininger: Auf jeden Fall mit dem behandelnden Arzt/der Ärztin Rücksprache halten, ob der Termin stattfindet. Alle nicht unbedingt notwendigen Termine werden derzeit verschoben. Prinzipiell sollte man Kontrolltermine aber einhalten.
Was sollte man als CED-Patient tun, wenn man in Quarantäne ist?
Steininger: Wichtig ist, die Medikamente weiterhin zu nehmen – wie sie verordnet wurden. Sollten die Medikamente ausgehen, Freunde oder Nachbarn bitten, die Medikamente aus der Apotheke zu holen! Über das weitere Vorgehen – auch bei einer festgestellten Infektion – entscheidet der behandelnde Arzt/die Ärztin.
Zum Verein Darm Plus:
Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) wie Morbus Crohn oder Colitis Ulcerosa verbringen viel Zeit mit dem Management ihrer als unheilbar geltenden Erkrankung. Vom ersten Symptom bis zur Diagnose und Einleitung einer Behandlung vergehen oft mehr als drei Jahre. Dabei könnten mit den verfügbaren Therapien Schmerzen, schlechte Lebensqualität, Krankenstand, Operationen und bleibende Schäden am Darm reduziert oder vermieden werden. Es bedarf eines weitreichenden Aufklärungsprozesses, um ein stärkeres Bewusstsein für Darmgesundheit zu schaffen. Denn trotz weiter Verbreitung verbinden nur wenige etwas mit dem Begriff CED und sind sich damit auch der schlechten Versorgung und täglichen Probleme der Betroffenen dieser chronisch voranschreitenden Krankheit nicht bewusst. CED bedarf einer gemeinsamen, interdisziplinären gesundheits- und sozialpolitischen Anstrengung, um österreichweit eine einheitliche Versorgungs- und Qualitätsstruktur sicherzustellen. Darm Plus leistet dazu als Plattform für Betroffene und Mediziner einen entscheidenden Beitrag leisten.