Umgang mit seelischer Corona-Dauerbelastung: Bewegung und Zuversicht – die besten Gegenmittel

Die Ergebnisse einer aktuellen Studie der Donau-Universität Krems verdeutlichen: In Österreich leidet seit April 2020 rund ein Fünftel der Bevölkerung an depressiven Verstimmungen. Es zeigte sich aber auch: Bewegung hat sogar eine ähnlich gute Wirkung wie ein Antidepressivum. Menschen, die regelmäßig körperliche Bewegung betreiben, sind während der Pandemie weniger belastet. Aber auch jene, die ein gutes soziales Netzwerk oder eine positive Lebenseinstellung haben, meistern die Krise leichter.  

Seit Beginn der COVID-19-Pandemie hat die Donau-Universität Krems die psychische Gesundheit der ÖsterreicherInnen in regelmäßigen Abständen vor und nach dem Lockdown untersucht. Die erste Studie im April dieses Jahres zeigte einen Anstieg der psychischen Symptome für Depression, Ängste oder Schlafprobleme auf das drei- bis Fünffache der Werte vor der Pandemie. Folgeuntersuchungen im Juni und September zeigten, dass die Belastung gleichbleibend hoch blieb.  

Keine Verbesserung nach dem Lockdown

„Nach einem raschen Anstieg psychischer Symptome im April ergaben die neuerlichen Untersuchungen derselben Personen im Juni und im September bisher keine Entwarnung“, so der Studienautor Univ.-Prof. Dr. Christoph Pieh, Leiter des Departments für Psychotherapie und Biopsychosoziale Gesundheit. Die Ergebnisse bestätigen, dass depressive Symptome sowohl im Juni als auch im September immer noch bei rund 20 Prozent der Bevölkerung auftraten. Auch Angstsymptome oder Schlafstörungen liegen weiterhin bei 16 Prozent.

„Da zu den drei Untersuchungszeitpunkten unterschiedliche Infektionszahlen oder Ausgangsbeschränkungen galten, scheinen diese nicht vorrangig für den Anstieg psychischer Beschwerden verantwortlich zu sein“, erklärt Univ.-Prof. Dr. Pieh. Was sich zudem noch gezeigt hat, ist, dass Personen über 65 Jahren mit Abstand am besten durch die Krise kommen. Junge Erwachsene zeigen seit Beginn der Krise hingegen eine auffallend hohe Belastung.

Corona ist eine weltweite psychische Belastung

Besonders deutlich ist der Vergleich bei schweren Fällen: Seit Beginn der Pandemie leiden rund acht Prozent unter einer schweren depressiven Symptomatik – 2014 war es nur ein Prozent. „Es ist besorgniserregend, dass ein so großer Teil der Bevölkerung psychisch dermaßen stark und lange belastet ist. Denn leider zeigt sich auch ein halbes Jahr nach dem Ausbruch von COVID-19 keine relevante Verbesserung“, berichtet Pieh.

Die Ursachen für den Anstieg psychischer Probleme sind recht unterschiedlich. Neben Sorgen um die eigene Gesundheit haben Zukunftsängste, finanzielle Sorgen, Jobverlust oder Einsamkeit eine große Bedeutung. „Möglicherweise spielen gerade die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie bei dem Anstieg psychischer Symptome eine zentrale Rolle“, so Prof. Pieh. Diese Ergebnisse spiegeln sich auch in internationalen Studien. Vor allem in Ländern wie beispielsweise Großbritannien, die von der Pandemie stärker betroffen sind, ist die Häufigkeit psychischer Probleme noch höher.

Bewegung das beste Heilmittel

Die Ergebnisse der aktuellen Studien unterstreichen aber auch, dass gerade in Zeiten wie diesen körperliche Bewegung eine enorme Wichtigkeit hat. Menschen, die sich regelmäßig bewegen, sind weniger während der Pandemie belastet. „Regelmäßige körperliche Bewegung hat mitunter eine ähnlich gute Wirkung wie ein Antidepressivum“, berichtet Pieh. Aber auch Menschen, die ein gutes soziales Netzwerk oder eine positive Lebenseinstellung haben, meistern die Krise leichter.

Wenn aber die Probleme zu groß werden, sollte Hilfe in Anspruch genommen werden. „Gerade in schweren Fällen ist eine professionelle Hilfe in der Regel notwendig“, erklärt Prof. Pieh. Schwere depressive Symptome sind seit Beginn der Pandemie konstant bei rund acht Prozent der Bevölkerung und damit um ein Vielfaches höher als bei früheren Untersuchungen. „Dieser Anstieg verdeutlicht die psychischen Auswirkungen der Pandemie und bedarf einer raschen und speziell auf die aktuelle Situation angepassten Hilfe“, empfiehlt Pieh.

Weitere Informationen:

Studie vom April: Pieh, C., Budimir, S., & Probst, T. (2020). The effect of age, gender, income, work, and physical activity on mental health during coronavirus disease (COVID-19) lockdown in Austria. Journal of Psychosomatic Research, 136:110186.

Studie vom Juni: Pieh, C., Probst, T., Budimir, S. Humer, E. (2020) Increased Mental Health Symptoms Remain Despite End of Lockdown. Available at SSRN.

Studie vom September: Pieh, C., Budimir, S. Humer, E. Probst, T. (2020). Comparing mental health during COVID-19 lockdown and six months later in Austria: A longitudinal study (October 8, 2020). Available at SSRN.

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